Tod auf Ameland by Axel Berger

Autor:Axel Berger [Berger, Axel]
Die sprache: deu
Format: epub
ISBN: 978-3-89841-820-1
Herausgeber: Schardt Verlag
veröffentlicht: 2015-07-18T16:00:00+00:00

3

Laut brummend kam Lisa mit ihrem dunkelblauen Scirocco am Tatort an. Nicht allein die Tatsache, dass er einen Sportauspuff hatte, sorgte für entsprechenden Lärm. Er war auch noch ziemlich verrostet und somit erst recht kilometerweit zu hören. Eigentlich würde sie lieber einen ganz anderen Wagen fahren, einen neueren und leiseren, aber irgendwie hing sie an dem alten Ding, dessen Glanzzeit längst vorüber war. Das mochte vielleicht daran liegen, dass das Auto ihrer Freundin Petra gehört hatte, eines der wenigen Dinge, die ihr von ihr geblieben waren.

Sie parkte auf einem schmalen Waldweg, wo es von Polizisten nur so wimmelte. Die Dunkelheit und das Durcheinander machte es schwer, sich zu orientieren. Da kam ihr Peter bereits entgegen. Bei all der Hektik um ihn herum strahlte er eine Ruhe aus, wie nur er es konnte, und das übertrug sich auf alle Menschen, die mit ihm zu tun hatten. Er war ein großer, kräftig gebauter Mann mit angegrauten Haaren, der ein bisschen wie Sean Connery aussah. Einer, bei dem man sich wohlfühlte, was vielleicht auch an seiner unaufdringlichen Art liegen mochte.

„Sie liegt da hinten, komm, ich führe dich hin“, sagte er. Das war typisch für ihn, keine Zeit mit Begrüßungsritualen oder Höflichkeitsfloskeln verplempern.

Die beiden Kommissare liefen einen Waldweg entlang, der wie ein grüner Tunnel mit diversen Pflanzen bewachsen war und deshalb finster und unheimlich wirkte. Die Kollegen hatten einen Trampelpfad angelegt, den sie betreten durften. Es waren Standlichter aufgestellt worden. Die Kriminaltechniker verrichteten bereits ihre Arbeit. Dieser Ort kam Lisa irgendwie unwirklich vor, als wäre sie soeben in eine magische Welt spaziert.

Als sie ein Stück in den Wald gegangen waren, blieb Peter abrupt stehen. Vor ihnen lag die Leiche, direkt am Wegesrand. Es war eine schlanke Frau mit langen, dunklen Haaren, die blutverklebt und in wildem Durcheinander um ihren Kopf lagen. Der ganze Körper war mit getrocknetem Blut übersät. Sehr viel Blut überall, ihre Kleidung war so durchtränkt, dass man die Farben nicht erkennen konnte. Sie lag da wie eine hingeworfene Puppe. Arme und Beine in unnatürlich verrenkter Haltung. Es war ein grauenhafter Anblick, der von ausgesprochener Brutalität zeugte. Es war unmenschlich. Die Leiche ähnelte einer Beute, erlegt von einem Raubtier, das im Blutrausch getötet hatte.

Während Lisa dastand und die Tote betrachtete, hörte sie die Grillen zirpen, irgendwo schrie ein Kauz mit greller Stimme, und der Wald rauschte in einer leichten Brise. Sie dachte an Sam, wie er in diesem Moment auf der Terrasse saß. Während er frisch gemähtes Gras einatmen durfte, roch sie den Gestank des Todes an diesem düsteren Ort. Ihr Magen begann zu rebellieren, Übelkeit stieg in ihr hoch, woraufhin sie sich von der toten Frau abwandte und in Richtung Auto zurückging.

Sie setzte sich auf die Motorhaube des Scirocco und versuchte ruhig und gleichmäßig zu atmen, um sich nicht übergeben zu müssen. Der diensthabende Notarzt kam zu ihr, nachdem er seine Sachen im Notarztwagen verstaut hatte.

„Unnatürliche Todesursache mit Fremdeinwirkung“, sagte er, „sie wurde mit unzähligen Stichen ermordet.“

Peter kam und erzählte, dass die Frau von einem Liebespaar gefunden wurde, das sich diesen abgelegenen Ort gesucht hatte, um ungestört zu sein.

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